Warum eine gute Feedbackkultur so wichtig ist

Amelie Hares
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Illustration von vier Personen, die sich austauschen und Sprechblasen mit einem Herz, einem Haken und einer Glühbirne halten – Sinnbild für eine vertrauensvolle Feedbackkultur und gemeinsames Wachstum.
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Wusstest du, dass wöchentliche Feedbackrunden deine Mitarbeitenden um 25 % produktiver und motivierter machen können? Und trotzdem ist in vielen Unternehmen das jährliche Mitarbeitergespräch der einzige Rahmen, in dem Feedback ausgetauscht wird. Eine gute Feedbackkultur sieht anders aus.

Wie aber gelingt es HR- und L&D-Teams, eine effektive Feedbackkultur zu entwickeln?

In diesem Artikel erfährst du:

  • Was eine gute Feedbackkultur ausmacht
  • Warum sie gerade heute so wichtig ist
  • Wie du eine Feedbackkultur etablieren kannst
  • Wie du typische Stolperfallen vermeidest
  • Wie Netflix, Airbnb und ZenHub ihre Feedbackkultur fördern

Was ist eine Feedbackkultur?

Eine Feedbackkultur beschreibt ein Arbeitsumfeld, in dem Feedback …

  • regelmäßig, das heißt öfter als einmal im Jahr, gegeben und erhalten wird.
  • normal, also ein Teil der Zusammenarbeit und Alltagskommunikation, ist.
  • sicher und konstruktiv ist, also nicht als Gefahr oder Angriff verstanden wird.
  • von allen Seiten kommen darf, also unabhängig von Hierarchien ist.

In einem Unternehmen mit einer konstruktiven Feedbackkultur wird Feedback nicht zum unangenehmen Pflichttermin. Vielmehr ist es ein Werkzeug im Alltag, das allen helfen kann, etwas Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln, mehr Klarheit zu bekommen und gemeinsam zu wachsen.

„Feedback sollte kein einmaliges Event sein, sondern ein selbstverständlicher Teil der täglichen Zusammenarbeit, der Entwicklung und der offenen Kommunikation.“
Alix Jacobson, ehemals Vice President HR EMEA bei Netflix, im Podcast von GoodHabitz

4 gute Gründe für eine Kultur des Feedbacks

Nicht alle Unternehmen haben die Bedeutung einer guten Feedbackkultur bereits erkannt. Dabei sprechen mehrere Gründe für Investitionen in die Entwicklung einer Kultur des Feedbacks:

1. Eine Feedbackkultur schafft Vertrauen und Transparenz

Regelmäßiges Feedback schafft Vertrauen und fördert die psychologische Sicherheit. Es gibt den Menschen das Gefühl, dass alle offen sprechen, Ideen teilen und auch schwierige Themen ansprechen können. Und genau das ist laut aktuellen Zahlen für 89 % der Mitarbeitenden das A und O für Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

2. Eine Feedbackkultur ermöglicht eine kontinuierliche Weiterentwicklung

Feedback macht aus der täglichen Arbeit einen fortlaufenden Lernprozess. Wer weiß, was gut läuft und wo es hakt, kann sich gezielt verbessern. 80 % der Beschäftigten, die regelmäßig konstruktives Feedback erhalten, sind laut eigenen Angaben hochmotiviert bei der Arbeit.

3. Eine Feedbackkultur fördert Innovation und Mut

Eine gute Feedbackkultur regt die Menschen dazu an, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und Neues auszuprobieren. Sie sehen Fehler nicht als Misserfolg, sondern als Chance, und das stärkt nicht nur die psychologische Sicherheit, sondern auch die Innovationskraft.

4. Eine Feedbackkultur verbessert die Zusammenarbeit und Entscheidungen

Offenes Feedback sorgt für ehrlichere Diskussionen, bessere Entscheidungen und weniger blinde Flecken im Team. Das macht Teams effektiver, Prozesse reibungsloser und die Ergebnisse besser.

Wie du in 6 Schritten eine Feedbackkultur im Team entwickelst

Eine offene Feedbackkultur entsteht nicht von heute auf morgen. Sie bedarf konsequenter, bewusster Veränderungen – sowohl bei dir selbst als auch in deinem Team.

Schritt 1: Gehe mit gutem Beispiel voran

Eine gute Feedbackkultur beginnt oben. Wenn Führungskräfte und Teamleads nicht bereit sind, Kritik und Anregungen anzunehmen und umzusetzen, wird niemand damit anfangen.

Für eine gute Feedbackkultur sollten Führungskräfte …

  • … ihre Teams proaktiv um Feedback zu ihren Entscheidungen bitten.
  • … Vorschläge aus dem Team schätzen, offen diskutieren und danach handeln.
  • … offen darüber sprechen, wenn Feedback ihnen geholfen hat, bessere Entscheidungen zu treffen.

Praxis-Tipp: Konzepte wie „radikale Offenheit“, oder „Radical Candor“, können helfen, ehrlich zu sein und trotzdem ein wertschätzendes Miteinander zu wahren.

Schritt 2: Schaffe psychologische Sicherheit

Wenn Menschen Angst haben, dass Ehrlichkeit ihren Beziehungen oder ihrer Karriere schaden könnte, könnten sie Probleme seltener ansprechen und keine Ideen mehr einbringen. Daher ist die psychologische Sicherheit für das gemeinsame Wachstum im Unternehmen so wichtig.

Für eine gute Feedbackkultur sollten Führungskräfte …

  • … auf Feedback offen und neugierig reagieren.
  • … unterschiedlichen Meinungen und konstruktiven Diskussionen Raum geben.
  • … eigene Fehler zugeben und in der Runde besprechen.

Praxis-Tipp: 360-Grad-Feedback ermöglicht das Sammeln von Meinungen und Tipps aus unterschiedlichen Perspektiven, also von Führungskräften genauso wie von gleichgestellten und weisungsgebundenen Teammitgliedern.

Schritt 3: Mach Feedback zur Gewohnheit

Gutes Feedback ist relevant, zeitnah und regelmäßig. Je normaler Feedback im Unternehmen ist, desto einfacher fällt es den Menschen, Feedback zu geben und zu nehmen.

Für eine gute Feedbackkultur sollten Führungskräfte …

  • … offene Meetings mit kurzen Feedbackrunden beginnen.
  • … nach jedem erreichten Projektmeilenstein kurz besprechen, was gut gelaufen ist und was nicht.
  • … in jedem 1:1-Gespräch Feedback sowohl einfordern als auch geben.

Praxis-Tipp: Nutze Feedback-Zyklen und plane regelmäßig, z. B. monatlich, strukturierte Feedbackrunden ein, um die Feedback-Prozesse im Alltag am Laufen zu halten.

Schritt 4: Sprich öffentlich Lob für gute Leistung aus

Feedback ist nicht nur eine Chance, sich zu verbessern. Es vermittelt auch Anerkennung. Wenn du als Führungskraft gute Leistungen öffentlich würdigst, steigerst du nicht nur die Motivation in deinem Team, sondern förderst auch einen entspannten Umgang mit Kritik.  

Für eine gute Feedbackkultur sollten Führungskräfte …

  • … gute Leistungen während Teammeetings kurz ansprechen.
  • … ihre Teams auffordern, sich im Alltag auch gegenseitig zu loben, zum Beispiel auf Slack oder Teams.
  • … Teamerfolge intern kommunizieren, zum Beispiel über News-Beiträge im Intranet.

Schritt 5: Bleib fair und konsequent

Damit dein Gegenüber dein Feedback – egal ob positiv oder negativ – möglichst gut aufnimmt, muss es konstruktiv, vorhersehbar und konsistent sein, und zwar für alle. Ist dies nicht der Fall, kann das Vertrauen im Team genauso leiden wie die Motivation.

Für eine gute Feedbackkultur sollten Führungskräfte …

  • … für alle Rollen und Teammitglieder dieselben Performance-Kriterien nutzen.
  • … Feedback zeitnah geben.
  • … nicht die Persönlichkeit, sondern das Verhalten und die Konsequenzen daraus in den Mittelpunkt stellen.

Schritt 6: Feedback geben will gelernt sein

Wenn es darum geht, Feedback zu geben, ist das Wie oft wichtiger als das Was. Die folgenden Praxis-Tipps können dein Feedback besonders effektiv machen:

  • Warte nicht lange: Gib dein Feedback möglichst zeitnah.
  • Hinterfrage deine Infos: Konzentriere dich auf Fakten statt Hypothesen.
  • Kommuniziere direkt: Beschönige dein Feedback nicht.
  • Sei offen und ehrlich: Sprich auch über deine Schwächen.
  • Bleib konkret: Erwähne konkrete Beispiele und nächste Schritte.
  • Vermittle Feedback als Chance: Stelle klar, dass du nicht kritisieren, sondern unterstützen möchtest.

Best-Practice-Beispiele für eine gute Feedbackkultur im Unternehmen

Netflix: „Sunshining“ für mehr Offenheit und Vertrauen

  • Die Idee: Netflix fördert radikale Offenheit. Mitarbeitende sollen nicht nur ihre Erfolge, sondern auch ihre Fehler offen ansprechen, damit das ganze Team schnell daraus lernen kann. Netflix nennt das auch „Sunshining“.
  • Die Umsetzung: Netflix fordert seine Mitarbeitenden auf, über das gewöhnliche Feedback hinaus Fehler zuzugeben und anderen zu erzählen, was sie daraus gelernt haben. Mit dieser Haltung zu Fehlern, die Netflix unter dem Stichwort „Offenheit“ („Candor“) in seinen Unternehmenswerten verankert hat, macht der Streaming-Anbieter aus Missgeschicken Lernmomente für das gesamte Unternehmen.
  • Was dahintersteckt: Transparente Feedback-Prozesse schaffen Vertrauen und sorgen dafür, dass nicht die Schuldfrage im Fokus steht, sondern die Erkenntnisse, die alle aus dem Fehler ziehen können. So gelingt es Teams, zu verhindern, dass sich Fehler wiederholen, und schneller auf Veränderungen zu reagieren.

Mehr über die Feedbackkultur bei Netflix erfährst du in unserem Podcast, für den wir mit Alix Jacobson, der ehemaligen Vice President HR EMEA bei Netflix, gesprochen haben. Sie verrät dir, wie kompromisslose Offenheit zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für Netflix geworden ist.

Airbnb: Ehrliche Führung, direktes Feedback und offene Kommunikation

  • Die Idee: Bei Airbnb ist eine offene, ehrliche Kommunikation ein strategischer Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Unternehmen möchte, dass sich seine Mitarbeitenden in der täglichen Zusammenarbeit direktes, wertebasiertes Feedback geben.
  • Die Umsetzung: Airbnb investiert gezielt in die Kommunikationskompetenz seiner Führungskräfte, damit diese die Unternehmenskultur und die dazugehörigen Werte effektiv an ihre Teams weitergeben. Die Teamleads gehen mit gutem Beispiel voran und achten auf eine klare, werteorientierte Sprache. So gelingt Airbnb eine respektvolle, klare und lösungsorientierte Feedbackkultur.
  • Was dahintersteckt: Wenn das Führungsteam seine Vorbildfunktion erfüllt und ehrliches Feedback sowie klare Kommunikation vorlebt, fällt es allen leichter, wertvolles Feedback zu geben. Da die Feedback-Kommunikation in der Kultur verankert ist, entsteht ein starkes Gefühl der psychologischen Sicherheit, die dem Unternehmen eine rasche Weiterentwicklung ermöglicht.

ZenHub: Offene Retrospektiven für eine laufende Verbesserung

  • Die Idee: ZenHub setzt auf regelmäßige Sprint-Retrospektiven. Bei ihnen holen die Teams offenes Feedback zu den Prozessen, der Zusammenarbeit und den Ergebnissen ein, um ihre Projekte bis zur vollständigen Umsetzung gezielt und laufend zu verbessern.
  • Die Umsetzung: Die Sprint-Retrospektiven sind offene, lernorientierte Foren, in denen die Teams nach jedem Sprint darüber sprechen, was gut und was weniger gut funktioniert hat. Danach einigen sie sich auf konkrete Verbesserungen und dokumentieren alle Nachfolgeaufgaben.
  • Was dahintersteckt: Wer Feedback in sichtbare, nachverfolgbare Aufgaben verwandelt, verhindert, dass nur darüber gesprochen, aber nichts geändert wurde. Mit der Zeit sorgt das für bessere Arbeitsabläufe, eine effektivere Zusammenarbeit und weniger Wiederholungsfehler.

So vermeidest du typische Stolperfallen auf deinem Weg zur Feedbackkultur

Eine Feedbackkultur entsteht, wie gesagt, nicht über Nacht. Bevor du erste praktische Schritte setzt, kann es helfen, die typischen Stolperfallen auf dem Weg zu einer guten Feedbackkultur zu kennen.

1. Angst vor Konflikten

Viele Menschen nehmen Feedback als Kritik wahr und gehen sofort in die Verteidigung. Sie fühlen sich unwohl dabei und haben Angst vor eventuellen negativen Konsequenzen.

So gehst du damit um:

  • Biete Schulungen zu konstruktivem Feedback an – und zwar nicht nur für Führungskräfte, sondern für alle.
  • Nutze Konzepte wie radikale Offenheit, um einen guten Mix aus Ehrlichkeit und Empathie zu fördern.
  • Halte Workshops für Teams ab, in denen Feedback-Methoden geübt werden können.

2. Fehlendes Vertrauen

Ohne eine gute Vertrauensbasis im Team kann selbst gut gemeintes Feedback als Bedrohung wahrgenommen werden. Vertrauen ist daher die Basis einer guten Feedbackkultur.

So gehst du damit um:

  • Starte mit kurzen, unkomplizierten Feedbackrunden.
  • Gehe als Führungskraft mit gutem Beispiel voran, zeige selbst Schwäche, bitte andere um Feedback und handle auch danach.
  • Zeige Wertschätzung und Anerkennung für offenes, respektvolles Feedback.

3. Zeitmangel

„Feedback kostet so viel Zeit. Da kann ich es gleich selbst machen.“ Schon mal gehört? Aussagen wie diese sind oft ein Zeichen dafür, dass Feedback noch kein echter Bestandteil der Arbeitsprozesse ist.

So gehst du damit um:

  • Führe Feedbackschleifen ein, zum Beispiel immer nach dem Abschluss eines Projekts oder im wöchentlichen Team-Meeting.
  • Nutze schnelle Feedback-Tools wie Mini-Umfragen oder kurze Check-Ins über Slack und Co.
  • Halte dein Feedback so kurz wie möglich, idealerweise unter zwei Minuten.

Praxis-Tipp: Wer regelmäßig, kurz und klar Feedback gibt, spart sich auf lange Sicht sogar Zeit, weil kleine Probleme früh erkannt und gelöst werden, bevor daraus größere Baustellen werden.

Fazit: Eine gute Feedbackkultur zahlt sich aus

Was in einer guten Feedbackkultur wirklich zählt, sind viele kleine, beständige Schritte im Alltag. Es braucht also keine massiven Veränderungen von heute auf morgen. Vielmehr geht es um kleine Veränderungen im Alltag, die auf lange Sicht einen großen Unterschied machen.

Starte am besten, indem du …

  • … mit gutem Beispiel vorangehst.
    Bitte immer wieder um Feedback und handle konsequent danach.
  • … die psychologische Sicherheit förderst.
    Zeige, dass du ehrliches Feedback schätzt.
  • … Feedback zur Gewohnheit machst.
    Integriere Feedback in alltägliche Gespräche.
  • … Erfolge würdigst.
    Feiere Erfolge genauso, wie du Verbesserungen anregst.
  • … konsequent und fair bleibst.
    Achte darauf, dass für alle dieselben Regeln gelten.

Mit jedem dieser kleinen Schritte werden das Vertrauen, die Motivation und die Innovationskraft deines Teams wachsen, sodass Feedback zu einem echten Wachstumstreiber in deinem Unternehmen wird!

Amelie Hares

Als Content & Communications Managerin gibt Amelie GoodHabitz im DACH-Raum eine Stimme. Ihre Mission: HR-Verantwortliche mit relevanten Inhalten zu unterstützen und zu inspirieren. Abseits des Schreibtischs findet sie beim Pole Fitness einen sportlichen Ausgleich oder experimentiert mit neuen Sauerteig-Rezepten. Am besten entspannt sie bei einer guten Tasse Kaffee und einem ihrer Lieblings-Podcasts.